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08.06.2022

Lufthansa Technik und Premium AEROTEC erreichen Meilenstein bei additiver Fertigung

Erstes lasttragendes, metallisches Ersatzteil aus dem 3D-Drucker für die Luftfahrt zugelassen.

In ihrem gemeinsamen Bestreben, Flugzeugersatzteile durch additive Fertigungsmethoden günstiger herzustellen, haben Lufthansa Technik und Premium AEROTEC vor kurzem einen wichtigen Meilenstein erreicht. Ein im Additive Manufacturing (AM) Center von Lufthansa Technik entwickeltes Metallbauteil für das Anti-Icing-System des IAE-V2500-Triebwerks hat jetzt seine offizielle Luftfahrt-Zulassung durch die EASA erhalten. Auf dieser Basis wird Premium AEROTEC den sogenannten „A-Link“ zukünftig am Standort Varel im 3D-Drucker für Lufthansa Technik fertigen.

Insgesamt neun dieser A-Links fixieren eine ringförmige Heißluftleitung im Lufteinlauf des Triebwerks. Diese sogenannte Inlet Cowl wird damit vor Eisanlagerungen während des Flugbetriebes geschützt. Durch die dabei auftretenden Vibrationen verschleißen die A-Links jedoch an ihren Aufhängungsbohrungen, so dass sie oft nach einigen Jahren reif für einen Austausch sind.

Da die A-Links Temperaturen bis zu 300 Grad Celsius ausgesetzt sein können, bestehen sie aus Titan. Im Original wird das Bauteil durch einen Schmiedeprozess hergestellt, um höchste Anforderungen an die Materialeigenschaften zu erfüllen. In der von Premium AEROTEC und Lufthansa Technik entwickelten Fertigungslösung wird es dagegen Schicht für Schicht in einem 3D-Drucker aufgebaut. Dieses Laser Power Bed Fusion (LPBF) genannte Verfahren bietet gegenüber dem Schmieden den Vorteil, dass keine Vorrichtungen oder Formen für die Herstellung benötigt werden. Zudem kann durch das Verfahren wertvolles Material eingespart werden, da ein nachträglicher Materialabtrag beim 3D-Druck nur in sehr geringem Maße an einigen Funktionsflächen notwendig ist.

Die Eigenschaften der so gefertigten Bauteile, beispielsweise ihre Festigkeit, sind allerdings sehr stark vom entsprechenden additiven Herstellungs-Prozess abhänging, dessen Qualifikation daher in einem aufwendigen Verfahren nachgewiesen werden muss. Dazu wurden bei Premium AEROTEC eine Vielzahl sogenannter „Druckjobs“ mit Testkörpern durchgeführt, bei gleichbleibenden Einstellungen aller prozessrelevanten Parameter. So konnte schließlich ein konstanter und sicherer Prozess etabliert und nachgewiesen werden, dass die höchsten Anforderungen hinsichtlich der Materialeigenschaften auch hier erreicht werden. Bei der Zugfestigkeit übertrifft der additiv gefertige A-Link das Originalteil sogar.

Im Rahmen dieses Zulassungsprozesses konnte Lufthansa Technik die Kompetenz ihres EASA-Part 21/J-Entwicklungsbetriebs nun auch auf additiv gefertigte Bauteile aus Metall erweitern. Für Premium AEROTEC ist die Kooperation mit Lufthansa Technik ein bedeutender Meilenstein im Bereich der additiven Fertigung, denn zum ersten Mal beliefert das Unternehmen einen Kunden außerhalb des Airbus-Konzerns mit gedruckten Serienbauteilen. Die ersten A-Links aus der Kooperation werden zuerst in der Lufthansa-Flotte zum Einsatz kommen, wo über die Zertifizierung hinaus auch Langzeit-Erfahrung mit den neuen Komponenten gesammelt werden soll.

„Premium AEROTEC ist internationaler Vorreiter und Technologieführer in der additiven Fertigung von Bauteilen für die Luftfahrt. Bereits seit 2016 wendet unser Unternehmen diese Technologie in der Serienfertigung komplexer Strukturbauteile an”, sagte Dr. Ulrich Weber, Chief Operating Officer bei Premium AEROTEC. „Ich freue mich sehr, dass wir in Zusammenarbeit mit Lufthansa Technik unsere umfassende Expertise im 3D-Druck nun erneut unter Beweis stellen können.”

„Bauteile für die Flugzeugkabine, die allermeisten davon aus Kunststoff, stellen wir bereits seit Jahren im 3D-Druckverfahren her. Nun konnten wir zeigen, dass auch strukturrelevante Metallteile für den Einsatz außerhalb der Kabine additiv gefertigt und für den Flugbetrieb zugelassen werden können“, sagte Sören Stark, Chief Operating Officer von Lufthansa Technik. „So konnten wir nicht nur eine Kosteneinsparung für das betreffende Bauteil erreichen, sondern darüber hinaus auch alle nötigen Prozesse für die Anwendung dieses wegweisenden Verfahrens bei strukturrelevanten Metallteilen definieren und qualifizieren.“

Die erstmalige Luftfahrt-Zertifizierung eines lasttragenden Ersatzteils aus Metall stellt für beide Partner aktuell jedoch nur einen ersten Schritt dar, bei dem die Formgebung noch weitgehend dem Originalteil entspricht. Zukünftige Ausprägungen der Technologie werden es auch möglich machen, die Vorteile der additiven Fertigung für die gezielte Optimierung der Geometrie zu nutzen. Theoretisch sind der Formgebung additiv gefertigter Bauteile dabei kaum Grenzen gesetzt, so dass sie bei gleichbleibender Festigkeit und Funktion dann deutlich leichter und materialsparender produziert werden können. Diese Möglichkeiten wollen beide Partner in naher Zukunft weiter erschließen.